Autonomes Nervensystem

Während sich die Mehrzahl aller neuropsychologischen Untersuchungsverfahren mit Funktionsaspekten des willkürlich kontrollierbaren Zentralnervensystems beschäftigt, werden Funktionsaspekte des autonomen Nervensystems, dem die Steuerung des gesamten Spektrums der vegetativen Körperprozesse unterliegt, weitgehend vernachlässigt. Inzwischen liegen jedoch hinlängliche Belege dafür vor, dass die obersten Kontrollinstanzen für die Regulation der vegetativen Körperprozesse ebenfalls in Regionen des zerebralen Cortex (Insula, Orbitofrontalcortex usw.) angesiedelt sind und das autonome Nervensystem somit den zentralen Verbindungsmechanismus zwischen Großhirn und Körperperipherie darstellt. Dies erklärt unter anderem, warum psychische Erlebnisse, emotionale Ereignisse und Stresseinwirkungen auf unmittelbarem Wege Entstehung und Ausbruch körperlicher, insbesondere psychosomatischer Krankheiten bewirken oder begünstigen können. Es erklärt auch die Tatsache, warum Erkrankungen und Operationen des Großhirns, je nach Lokalisation, mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, immunologischen Störungen oder anderen körperlichen Krankheiten einhergehen. Insofern sieht das Zentrum für Neuropsychologische Forschung auch die Untersuchung der autonom-nervösen Funktionsprinzipien als einen wichtigen Aufgabenbereich der Neurowissenschaften an. Bisherige eigene Arbeiten dazu haben sich vornehmlich mit der Rolle der beiden Hirnseiten für die Regulation von vegetativen Körperprozessen befasst, wie z.B. Blutdruck, Hämodynamik, Herz-Kreislauf-Aktivitäten, Hormonausschüttung, autonom-nervöse Erregung, Belastung durch Stresseinflüsse, psychosomatische Krankheitsanfälligkeit und vieles mehr.

Die apparative Ausstattung des Labors für autonom-nervöse Funktionsdiagnostik erlaubt die Ableitung und Quantifizierung der wichtigsten zurzeit bekannten Reaktionsparameter. Sie beinhaltet u. a. folgende Messverfahren:

  • bioelektrische Herzaktivität (Ruhe-EKG, Belastungs-EKG, Langzeit-EKG)
  • Blutdruck, Langzeit-Blutdruck
  • kontinuierliche Schlag-zu-Schlag-Blutdruckmessung
  • Barorezeptor-Sensitivität
  • Herzratenvariabilität zur getrennten Bestimmung des sympathischen und parasympathischen Aktivierungsniveaus mittels zeitbezogener Analyseverfahren und frequenzbezogener Analyseverfahren (Fourier-basierte Spektralanalyse, Autoregressionsanalyse)
  • Impedanzkardiographische Messung der Hämodynamik des Herz-Kreislauf-Systems (Schlagvolumen, Herzzeitvolumen, isovolumetrische Kontraktionszeit, linksventrikuläre Austreibungszeit, Austreibungsgeschwindigkeit, ventrikuläre Kontraktilität, peripherer Gesamtwiderstand usw.)
  • Elektrodermale Aktivität
  • Elektromyographische Aktivität
  • Atmungsaktivität
  • Elektrookulographische Aktivität
  • Periphere Durchblutung (Impedanzplethysmographie)
  • Sauerstoffsättigung des Blutes
  • Biofeedbackverfahren zum Training vegetativer Körperprozesse.